Kommentatort 64: Tatort „Zwischen den Fronten“

Der neue österreichische Tatort „Zwischen den Fronten“ kapriziert sich darauf, dass nichts so ist, wie es aussieht. Das langweilt, Pyrotechnik hin oder her.

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So melodramatisch kann ein Tatort sein – selbst dann, wenn er sich am Thema Terrorismus versucht. Was Bibi Fellner da mit dem Auspuff treibt, kann man sich ja denken. Weshalb sie dabei aber dermassen grinst, bleibt ihr Geheimnis. Vielleicht findet sie es a einfach nur ungeheuer originell, einen Verdächtigen mit einem Auspuff KO zu hauen. Dass der von diesem Schlag ganz unerwartet getroffen wurde, macht er mit nur einem ganz kleinen bisschen Schauspielkunst deutlich. Ei, Glück aber auch, dass sich dabei kein Schuss löste: Wobei, viel bescheuerter hätte der Polizist wohl auch dann nicht aus der Wäsche geschaut. Wenn Terrorismusbekämpfung so ausschaut, kann man ruhig schlafen – besonders ruhig natürlich während der neunzig Minuten dieses Tatorts.

Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kommt es zu einem Sprengstoffanschlag auf einen amerikanischen UNO-Konferenzleiter. Versteckt war die Bombe im Auto eines jungen Konferenzteilnehmers; er wird von der Explosion zerfetzt, während der Konferenzleiter unverletzt überlebt. Alles deutet auf einen Selbstmordanschlag mit islamistischen Hintergrund hin – war doch der Fahrer des explosiven Autos ein Österreicher irkaischer Herkunft. Aus unerfindlichen Gründen nehmen Moritz Eisner und Bibi Fellner die Ermittlungen auf: Sie müssen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) kooperieren. Wobei, ‚kooperieren‘ ist nur eine Art, diese Zusammenarbeit zu bezeichnen: ‚unterordnen‘ trifft es viel eher, was dem Charakterkopf Eisner schwerfällt. Eisner wird in seiner Abneigung gegen das BVT von seinem Chef bestärkt, der mit dem Leiter des BVT Rechnungen offen zu haben scheint.

Zu viele verschiedene Hypothesen

Die Ermittlungen gehen in verschiedene Richtungen, mal wird der Anschlag einem Einzeltäter zugeschrieben, dann vermutet man, dass er von einer Organisation unterstützt worden sein könnte. Natürlich zieht der Fall seine Kreise bis in Moritz Eisners Familie. Seine Tochter Claudia kannte den Attentäter aus dem Internet. Dort hat er eine politisch engagierte Community aufgebaut: Nie im Leben würde der einen Anschlag verüben, versichert ihm seine Tochter. Ein Jugendfreund des Attentäters sieht das jedoch anders, traut es ihm durchaus zu. Zu dumm nur, dass dieser Zeuge wenig später von einem Hochspannungsmast baumelt. Der Fall scheint geklärt: Zwei Täter waren es, der eine von der Bombe zerfetzt, der andere brachte sich danach um, aus schlechtem Gewissen oder wieso auch immer.

Geheimbünde und Geheimdienste

Eisner begnügt sich nicht mit dieser Sprachregelung, und er ermittelt weiter. Vielleicht war es eine Tat mit privatem Hintergrund, Eifersucht? Was, wenn der Attentäter nichts von der Bombe gewusst hätte? Im Zuge der Ermittlungen gerät Eisner ins Dunstfeld von amerikanischen „gated communitys“, rechtsradikale Geheimbünde geben sich die Ehre und schliesslich wird Eisner auch noch überwacht und angehört. Das alles ist nicht nur mühsam zum Nacherzählen, sondern noch viel mühsamer zum Schauen. Alleine die Ausgangslage, dass der Tatort nun auch noch in Terrorbekämpfung machen soll, strapaziert. Wenn schon Terrorbekämpfung im Tatort, dann muss man es so machen wie in Cenk Batus fulminanten, zweitletzten Film. Hier scheinen Fellner und Eisner überfordert mit der Tragweite des Falles, und man begreift nicht, warum die Mordkommission bei einem Attentat ermitteln solle.

Nichts ist so, wie es scheint

Auch mit der Figur der BVT-Ermittlerin, die andauernd mit Eisner rumzickt, hat man sich keinen Gefallen getan. Wenn Terrorbekämpfung so aussehen und handeln soll, na dann gute Nacht. Verkrampft werden die möglichen Tathergangs-Thesen abgehakt, nach dem Motto: Hauptsache, dass es nicht das ist, wonach es auf den ersten Blick aussieht. So darf im Tatort „Zwischen den Fronten“ nach Herzenslust ermittelt werden, ergebnisoffen und in verschiedenste Richtungen, einfach kein Selbstmordattentat soll es gewesen sein, bitte.

Was von Tatort „Zwischen den Fronten“ bleibt

Der Tatort „Zwischen den Fronten“ versucht sich an zu vielen Fronten. Da tummeln sich braune Frontisten, vermeintliche Islamisten, laizistische Araber mit Nachnamen Bagdadi, Geheimzirkel und korrupte Politiker und die üblichen internen Querelen dürfen auch nicht fehlen. Das war nichts: Daran ändert auch die sehenswerte Explosion am Anfang nichts.

Note auf der «Wie-einst-Lily»-«Nie-wieder-frei-Sein»-Skala*: 3.

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